“Obdachlose”, “Penner”, “Vagabunden”, “Landstreicher”: Wir haben viele Bezeichnungen für jene Armen, von denen wir denken, dass sie unter Brücken schlafen, Müll sammeln und zu viel Alkohol trinken.
Mit Hobophobia stellen sich PARADEISER productions innerhalb des Formats ‚Live-Hörspiel‘ der Frage, mit welchen Bildern und Zuschreibungen wir auf diese vermeintlichen Verlierer des Systems blicken. Anhand der Reaktionen auf sie, lässt sich vielleicht am ehesten etwas über den Zustand in ‚der Mitte der Gesellschaft‘ erzählen.
Hobophobia ist keine Recherche im Obdachlosen-Milieu: Der Abend erzählt nichts über die ‚reale‘ Situation auf der Straße. Ausgangspunkt ist vielmehr die Frage, was für Bilder wir uns von diesen Menschen machen und wie wir auf sie reagieren. Es wendet sich die Mittelschicht angsterfüllt vom Elend ab, Erinnerungen an den drohenden sozialen Abstieg wollen verdrängt werden. In der Fußgängerzone kann der Blick abgewendet werden, weil das Individuum die Verantwortung für das eigene Schicksal selber trägt. Gleichzeitig aber wird dem romantischen Motiv des glücklichen und weisen Mittellosen aus der Ferne gehuldigt. Figuren wie der Taugenichts von Eichendorff bebildern schon früh die romantische Verklärung des Aussteigers, der ohne Zwänge lebt.
Im Pumpenhaus-Gewölbe ist eine von der Bühnenbildnerin Lea Tenbrock entworfene Stadt installiert worden, die, angefüllt mit Geräuschen und Gesprächsfetzen komponiert von Kai Niggemann, zum Klangraum wird. Wir laden Sie ein, zwischen unseren eigenen Projektionen und Zuschreibungen zu wandeln – in den Streets of Münster.
Die Situation der Armen war nie besser als in den Zeiten des freien Marktes. Wenn man aber erst mal damit anfängt, die zehn Prozent der Bevölkerung mit dem jeweils niedrigsten Einkommen ‘die Armen’ zu nennen, dann wird es immer Arme geben, weil einige immer diese zehn Prozent sein müssen. Jede Handlungsweise der Regierung aber, die sich dauerhaft als direktes Ziel die Wohlfahrt der Armen vornimmt, muß letztlich zur Zerstörung des Marktes führen und damit zur Zerstörung des Wachstums des Gesamteinkommens, von welchem die Hoffnungen der Armen wirklich abhängen.
(Friedrich August von Hayek, Wirtschaftsnobelpreisträger 1974)
Vielleicht ist Gerechtigkeit viel drastischer
als man es sich vorstellt,
anders als man es sich vorstellt.
Maxx, im Interview mit PARADEISER
Mit: Philip Gregor Grüneberg, Leena Keizer, Harald Redmer Komposition/Klangraum: Kai Niggemann Regie: Ruth Schultz Dramaturgie: Kaja Jakstat Bühne & Kostüme: Lea Tenbrock Licht: Volker Sippel Produktionsassistenz: Christoph Kulb
Eine Koproduktion mit dem Theater im Pumpenhaus, Münster. Gefördert vom Kulturamt der Stadt Münster. Herzlichen Dank an unsere Sponsoren.